„Mein Kind akzeptiert kein NEIN!“
„Mein Kind akzeptiert kein NEIN von mir…“ – das berichten Mütter und Väter häufig in den Eltern-Kind-Gruppen oder im persönlichen Beratungsgespräch der Frühberatungsstelle Süd. Warum dieses Verhalten zur natürlichen Entwicklung eines Kindes gehört und wie Verbote nachhaltig Wirkung zeigen, verrät euch Ulrike Glingener, Diplom-Sozialpädagogin im SOS-Kinderdorf Bremen.
„Mein Kind akzeptiert kein NEIN von mir…“ – das berichten mir Mütter und Väter häufig von ihren alltäglichen Erfahrungen mit ihren Kleinen. Manchmal höre ich auch folgende Aussage: „Er oder sie lacht mich an und macht noch einmal genau das, was ich gerade verboten habe, mit Absicht!“
Es gibt einen Zusammenhang zwischen Handlung und Reaktion
Anstatt sich auf den Arm genommen zu fühlen oder sich zu ärgern, kannst du dich freuen! Dein Kind hat nämlich verstanden, dass es einen Zusammenhang zwischen der eigenen Handlung und Mamas, Papas, Omas… Reaktion gibt.
Wahrscheinlich ist dein Kind gerade so um ein Jahr alt und ich bin mir sicher, dass du einige der folgenden Beispiele kennst:
- dein Kind schaltet das Licht an und aus,
- es dreht die Musikanlage laut und leise,
- es greift einem anderen Baby ins Haar, was darauf anhängt zu weinen,
- es winkt jemandem und freut sich, wenn die andere Person zurückwinkt.
Dein Kind tut etwas, was eine direkte Auswirkung hat und diese Macht fühlt sich faszinierend und gut an! Wir sprechen in diesem Fall von Selbstwirksamkeit.
Ganz schön anstrengend!
Für uns Erwachsene ist die Phase der Selbstwirksamkeit anstrengend, für die kindliche Entwicklung jedoch extrem wichtig. Was ein Verbot bedeutet, versteht dein Kind nicht sofort. Dazu reicht das „NEIN“-Sagen nicht, dazu musst du handeln und das leider sehr oft!
Circa 287 Mal braucht es die gleiche Handlung, bis dein Kind verstanden hat, was es darf und was nicht. Aber keine Sorge, mit etwa zwei Jahren wird das besser!
Kinder werfen zum Beispiel mit großer Leidenschaft Dinge vom Hochstuhl. Sie lernen so, dass Gegenstände nach unten fallen. Am Anfang hast Du den Gegenstand vermutlich aufgehoben und gesagt „Lass das!“ oder „Wirf Deine Gabel nicht runter!“. Aber erst als Du aufgehört hast den Gegenstand wieder nach oben zu holen, hat Dein Kind verstanden, was Deine Worte für Konsequenzen haben und damit nach und nach aufgehört.
Kinder hören das Wort „NEIN“ und können es auch schnell selbst sagen, aber sie wissen noch nicht wirklich, was es bedeutet. Das liegt auch daran, dass das NEIN in vielen unterschiedlichen Sätzen an das Kind gerichtet wird: „bleib da weg“, „mach das nicht“, „lass das liegen“, etc.
Meine Tipps für Dich
Wenn Du willst, dass Dich Dein Kind versteht, empfehle ich Dir folgendes:
- Nimm den verbotenen Gegenstand von deinem Kind fort oder
- geh mit dem Kind woanders hin.
- Mach eine ernste Miene dazu und sprich mit ernster und bestimmter Stimme.
Es kann gut sein, dass du Protest erntest, aber wir erziehen ja auch schließlich keine Hunde auf Gehorsam!
Am wichtigsten ist es, mit deinem Kind im Austausch zu bleiben. Während deiner Handlung kannst du zum Beispiel sagen: „Ich weiß, das gefällt dir jetzt nicht…..“, „Du würdest gerne…“ und so dein Verständnis für die Perspektive deines Kindes ausdrücken.
Hauptsache ist jedoch, dass du bei deiner Entscheidung bleibst und dich durch den Protest nicht umstimmen lässt; Verbotenes bleibt verboten.
Damit es auch für dich nicht zu schwierig wird die Verbote durchzuhalten, ist es ratsam, nicht zu viele Verbote aufzustellen. Denn ein nicht durchgezogenes Verbot signalisiert deinem Kind, dass du es nicht ernst meinst. Für das harmonische Zusammenleben ist es daher ratsam, wenn die Wohnung kindersicher ist und es Alternativen gibt, die erlaubt sind. Dies kann zum Beispiel das Klettern auf den alten Polstern im Kinderzimmer oder eine Ausräumschublade in der Küche sein.
Ulrike Glingener ist Diplom-Sozialpädagogin und arbeitet seit über 20 Jahren beim SOS-Kinderdorf Bremen. Gemeinsam mit dem Amt für Soziale Dienste (AfSD) bilden wir mit mehreren Fachkräften die Frühberatungsstelle Süd. Wer Lust hat, kann Ulrike Glingener bei einem der zahlreichen Angebote für Mütter und Väter im SOS-Kinderdorf-Zentrum oder im Quartierszentrum Huckelriede kennen lernen.