„Eltern haben einen großen Einfluss auf die Entwicklung ihrer Kinder“
2/7: Heute sprechen wir in unserer BRISE-Serie mit Dr. Heidemarie Rose, Mitbegründerin des BRISE-Projekts über das Eltern sein, Bildungsgerechtigkeit, Hoffnungsträger und über familienfreundliche, unterstützende Orte.
Frau Dr. Rose, alle Welt redet über die Bedeutung der frühkindlichen Entwicklung, warum ist das so wichtig?
„Wir wissen, dass die Entwicklung eines Kindes sich zunächst in einem sehr engen Bezug zu seinen Eltern vollzieht. Zuallererst möchte ich vorwegnehmen: Eltern zu werden, stellt das ganze Leben auf den Kopf. Ein Kind zu haben, kann das größte Glück bedeuten, aber auch anstrengend und nervenaufreibend sein.
Und woher weiß man eigentlich, wie das geht: Eltern sein? Niemand muss sich den vielen kleinen und großen Herausforderungen allein stellen. Es gibt in Bremen vielfältige Angebote, die schwangere Frauen und junge Familien unterstützen. Wenn Eltern solche Angebote annehmen, kommt es nicht nur ihnen selbst, sondern auch der Entwicklung ihres Kindes zugute. Werdende Eltern schon ab der Schwangerschaft und bis zur Einschulung ihres Kindes zu begleiten, ist deshalb das Anliegen der Bremer Initiative zur Stärkung frühkindlicher Entwicklung (BRISE).
Eltern haben einen großen Einfluss auf die Entwicklung ihrer Kinder
Denn die Familie, in der wir aufwachsen, bestimmt maßgeblich das Umfeld, in welchem sich die frühkindliche Entwicklung vollzieht. Schon von Beginn an sind wir auf Anregungen aus dem Umfeld angewiesen. Wie günstig diese Anregungen für die Entwicklung des kindlichen Denkens, Fühlens und Sozialverhaltens ist, schlägt sich noch Jahre später in den Bildungs- und Lebenschancen von Jugendlichen und Erwachsenen nieder.
Kinder als Hoffnungsträger
Kinder, insbesondere sehr junge Kinder sind Hoffnungsträger, Eltern und die Gesellschaft versprechen den Kindern sie für ihre Zukunft auszustatten, schützend und fördernd. In einer komplexen und auch immer komplizierteren Welt ist dieses Ausstatten auf vielfältige Ressourcen und Chance bei den Eltern und der Gesellschaft angewiesen. Frühkindliche Entwicklung für ein Wohlergehen braucht Kraft, menschlich, materiell und finanziell.
Der Schlüssel für mehr Bildungsgerechtigkeit
Die kognitive, motorische und emotionale Entwicklung trifft schon während der Schwangerschaft wie auch später im frühen Kindesalter auf Bedingungen, die entweder förderlichen Einfluss oder eher negativen auf die Entwicklung des Kindes haben. Die förderlichen Faktoren wie auch die negativen von Entwicklungs- und Bildungsprozessen familiär und im erweiterten Umfeld sind gut erforscht.
Mit Blick zum Beispiel auf die Sprachentwicklung des Kindes ist gut erkennbar, welche Auswirkungen es hat, wie mit einem Kind schon im Säuglingsalter gesprochen wird, sei es die Qualität oder auch die Menge der sprachlichen Kommunikation.
Kinder sollten unabhängig von ihrer Herkunft ihr Recht auf Bildung verwirklichen. Eine gute Forderung, hier sind wir uns alle schnell einig. Aber was tun? Ein Schlüssel für mehr Bildungsgerechtigkeit wird in einer am Alltag der Kinder orientierten integrierten, systematischen und durchgängigen Förderung von Kindern gesehen. Wichtig dabei ist die konkrete Zusammenarbeit und Kooperation des Gesundheitsbereiches, der Jugendhilfe und des Bildungsbereichs.“
Was würden Sie sich wünschen, was eine Familie über BRISE sagt?
„BRISE hilft mir eine gute Mutter und/oder ein guter Vater zu sein. Jetzt weiß ich, dass ich nicht alles alleine schaffen muss. Ich habe gelernt, mein kleines Kind zu „lesen“ und mein Verhalten dem Kind gegenüber auf seine Bedürfnisse einzustellen. Durch BRISE habe ich Freude an der Entwicklung meines Kindes bekommen, kann mich aber auch mal selbst hinterfragen und ganz wichtig, ich kann stolz auf mein Kind sein.“
Stellen Sie sich vor, alle Eltern dürften an dem Programm von BRISE teilnehmen, was wäre in Bremen anders?
„Alle Eltern wissen, dass es sowohl in der kindlichen Entwicklung als auch in ihrem eigenen Lebensverlauf Krisen geben kann und dass es sicherlich zu Krisen kommt. Eltern gehen auf die Orte und Angebote zu, die sie dabei unterstützen wohlbehalten durch diese Krisen zu kommen. Eltern treffen auf interdisziplinär und interprofessionell arbeitende Teams, die nicht erst „Zuständigkeiten“ klären müssen, sondern gemeinsam „anpacken“, manchmal auch systematisch und über längere Zeit.
Ganz einfach gesagt, es gibt überall in dieser Stadt einladende Orte für Kinder und Eltern, an denen man sich gerne mit Kindern und anderen Eltern aufhält, wo man auch mit seinen Nöten gesehen und wertgeschätzt wird.“
Welche familienfreundlichen Orte gibt es denn für Sie, an denen Sie sich gerne mit Ihrer Familie aufhalten?
„Auf jeden Fall der Bürgerpark mit allem was dazu gehört, dann die Wachmannstraße in Schwachhausen, wo man einkaufen, Eis essen und Cafés besuchen kann. Auch das Blockland und die Wümmendeiche sind tolle Orte – dort kann man Fahrrad fahren, Fischreiher gucken und im Hofcafé Gartelmann eine Pause machen.“
Dr. Heidemarie Rose setzt sich in Bremen für frühkindliche Förderung ein und ist Mitbegründerin der Initiative BRISE. Die Erziehungswissenschaftlerin hat bis 2021 BRISE für die Stadtgemeinde Bremen koordiniert und war davor bis 2018 Leiterin der Obersten Landesjugendbehörde und der Abteilung Junge Menschen und Familie bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport. Heute berät sie ehrenamtlich Projekte und Initiativen zur Stärkung frühkindlicher Entwicklung.